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Gasexplosion mit tödlichen Folgen

Die Leitungsversorgungssysteme für Erdgasleitungen wurden vor ca. 30 Jahren noch in Gussleitungen installiert. Die Gussleitung hat den Nachteil, dass sie vom Material her sehr spröde ist und bei geringfügigen Belastungen, wie sie im Erdreich durch Setzungen und andere Krafteinwirkungen passieren kann, bricht. Aufgrund des geringen Gasdruckes kommt es im Erdreich zu leichten Gasaustritten und Leckagen. Sofern dieses austretende Gas nach oben über das Erdreich entweichen kann, besteht außer dem Verlust kein Risikopotential. Diese Umstände und die Gefährlichkeit waren den Gasunternehmen aufgrund mehrerer tödlicher Unfälle bekannt. Es gab auch normenmäßige Regelungen und waren die Gasversorgungsunternehmen bestrebt, die noch vorhandenen Gussleitungen auf Kunststoffsysteme auszutauschen.

Bei der gegenständlichen Situation wurden an einem Freibereich Bau- und Asphaltierungsmaßnahmen durchgeführt, wo bekannt war, dass im Erdreich noch Gussversorgungsgasleitungen verlegt waren. Trotzdem wurden im Zuge dieser Asphaltierungsarbeiten vom Gasversorger diese Leitungen nicht ausgetauscht. Es wurde nach Abschluss der Arbeiten auch keine Überprüfung auf Leckagen durchgeführt.

In dieser Gasleitung waren entweder schon Leitungsbrüche vorhanden oder sind diese durch diese Baumaßnahmen entstanden. Aufgrund der durchgeführten neuen Asphaltierung konnte das Leckgas jedoch nicht mehr über das Erdreich nach oben in die Atmosphäre abströmen sondern war durch die neu errichtete Asphaltschicht eine Sperrschicht eingezogen. Das Leckgas konnte nur mehr seitlich über das Erdreich bis ins Gebäude zu einem Leitungsschacht dringen und sich dort sammeln.

Damit Gasaustritte erkennbar und „riechbar“ sind, werden dem Gas von den Gasversorgern sogenannte Odorierungsmittel (Geruchsstoffe) beigefügt, um Gasaustritte erkennen und orten zu können. Durch den relativ langen seitlichen Weg über das Erdreich wurde das Odorierungsmittel vom Erdreich absorbiert und war daher der Gasaustritt für die dort arbeitenden Monteure nicht mehr erkennbar oder feststellbar.

Durch das Anzünden einer Zigarette des dort befindlichen Arbeiters explodierte das im Leitungsschacht befindliche explosionsfähige Luft-Gas-Gemisch und wurde eine Person getötet und die im Abstand dahinter befindliche Person schwerst verletzt.

Die verletzte Person hat für die erlittenen schwersten Verbrennungen vom Gasversorger Schmerzengeld und Schadenersatz eingefordert. Im beauftragten Gerichtsgutachten war dann zu klären, ob die beteiligten Firmen und der Gasversorger entsprechend dem Stand der Technik ihren Obliegenheits- und Überprüfungsverpflichtungen nachgekommen seien und ob eine Haftung bestehe.

Durch den Unterzeichner wurde der diesbezügliche Stand der Technik sowie die Vorgangsweise von anderen Gasversorgungsbetrieben erhoben und abgeklärt. Dew Weiteren wurde für die Beurteilung der Fragen die gesamte diesbezügliche vorhandene Gesetzes- und Normenlage einbezogen.

Zusammengefasst konnte festgestellt werden, dass der Gasversorger nicht die erforderlichen und üblichen Maßnahmen gesetzt hat. Der Gasversorger hatte es verabsäumt, grundsätzlich bei Bauarbeiten präventiv die Gussleitung durch eine Kunststoffleitung auszutauschen. Sofern dieser Austausch nicht vollzogen wird, wäre es verpflichtend gewesen, nach Abschluss der Arbeiten eine Dichtheitsprüfung durchzuführen, was ebenfalls unterlassen wurde.

Die Klägerin konnte mit ihren Forderungen durchdringen und wurde der Gasversorger in die Haftung genommen.